Erbrecht
Erbrecht & Vermögen
Das Recht der Erbschaft in Thailand und Deutschland ähnelt sich.
Geerbt wird nach Abstammung und dem Grad der Verwandtschaft. Daneben werden die Ehepartner im Erbschaftsrecht bedacht, denen eine zumindest Teilsorge um die gemeinsamen Kinder oder das eheliche Vermögen unterstellt wird.
Soweit und solange sich Erblasser und Erbe im gleichen Rechtsraum (Land) aufhalten, ergeben sich kaum Besonderheiten. Das Vermögen des Erblassers geht im Ganzen auf den oder die Erben über. Gegebenenfalls nach Anteilen oder Quoten.
Anwendbares Recht - Wohnsitzfragen - Deutsches oder Thailändisches Erbrecht bezogen auf deutschen Erblasser ?
Schwierigkeiten ergeben sich allerdings oft, wenn sich ein Erbe oder ein Vermögensgut im Ausland ständig aufhalten bzw. befinden. Darüber hinaus ist der Vermögensüberang bei Grundbesitz anders geregelt wie bei beweblichen Sachgütern. Grundvermögen wird regelmäßig anders zu beurteilen sein wie bewegliches Vermögen, Betriebsvermögen u.v.m.
Das internationale Privatrecht Deutschlands und Thailands (1938) regelt jeweils die Einzelheiten mit durchaus ähnlichen Ergebnissen. Anders als Thailand unterliegt allerdings das deutsche internationale Privatrecht im Rahmen der EU-Integration erheblichen Wandlungen. So beurteilt sich die Rechtslage bei Auslandsbezug seit dem 17. August 2015 und dem Inkrafttreten der Europäischen Erbrechtsverordnung ("EU-ErbVO") nicht mehr nach dem deutschen EGBGB und dort Art. 25 allein, wonach früher auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen bei einem deutschen Staatsbürger allein auf die Staatsangehörigkeit abgestellt wurde. Ohne wirksames Testament oder wirksame Rechtswahl des deutschen Erblassers kann es auf nach dem 17. August 2015 eintretende Erbfälle bzw. seinen Tod ohne weiteres auch dazu kommen, dass allein das Erbrecht des Ortes Anwendung findet, an dem der deutsche Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Ist das in nicht wenigen Fällen Thailand (der Trend zur Rente in Thailand hält an), dann beurteilt sich die Frage des anwendbaren Erbrechts möglicherweise ausschließlich nach thailändischem Recht, was dessen Kenntnis und der Kenntnis der Anwendungspraxis erfordert. Für erbberechtigte deutsche Erben mit dem Wohnsitz in Deutschland des z.B. in Thailand verstorbenen Vaters, der etwa sogar in Thailand eine neue Ehe eingegangen ist , kann es aufgrund der neuen Rechtslage zu erheblichen Rechtsfragen kommen. Guter Rat ist dann ein Thema. Nicht selten stehen auch erhebliche Kostenfragen im Raum, da die Geltendmachung von Ansprüchen in Thailand in der dort üblichen Form zu erfolgen hat. "Vereidigte Dolmetscher" sind ein Thema in Bezug auf wirkliche Kompetenz und anfallende Kosten. Gerade bei in Thailand verstorbenen Deutschen sind auch in Drittländern belegene Vermögen zu berücksichtigen, die wiederum eigenen Regeln unterliegen können.
Für den Laien problematisch ist danach in der Regel immer wieder die Überprüfung und Feststellung der Rechtslage und Rechtsanwendung bei sogenannten "Verweisungen auf die jeweils andere Rechtsordnung" zur Bestimmung des auf einen Erbfall anwendbaren Rechts.
Soweit deutsches Erbrecht Anwendung findet, gelten folgende Grundsätze:
Leben die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der sogenannten Zugewinngemeinschaft - was stets der Regelfalls ist, wenn nicht ein Ehevertrag eine andere Regelung vorsieht - und hat der verstorbene Ehegatte ein oder mehrere Kinder, so erbt der überlebende Ehegatte 1/4 des Nachlasses des verstorbenen Ehegatten.
Hinzu kommt ein sogenannter pauschalierter Zugewinnausgleich in Höhe von 1/4 des Nachlasses. Im Ergebnis erbt der überlebende Ehegatte also 1/2 des Nachlasses. Die gemeinsamen Kinder zusammen ebenfalls 1/2. Andere Personen und entferntere Verwandte sind von der Erbfolge ausgeschlossen.
Leben die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft und hat der verstorbene Ehegatte dagegen keinerlei eigene Kinder, so erbt der überlebende Ehegatte 1/2 des Nachlasses zuzüglich eines pauschalierten Zugewinnausgleiches in Höhe von 1/4, insgesamt also 3/4. Das restliche 1/4 erben die Eltern des verstorbenen Ehegatten, ersatzweise die Geschwister usw.
Merke: Kinder des Ehepartners, die mit in die Ehe gebracht wurden, erben nie, es sei denn, sie wurden ausdrücklich in einem Testament berücksichtigt.
Leben die Ehegatten im Güterstand der Gütertrennung, was auf der Grundlage eines Ehevertrages möglich ist, so erbt der überlebende Ehegatte gemeinsam mit den Kindern des verstorbenen Ehegatten zu gleichen Teilen. Der Erbteil des überlebenden Ehegatten beträgt jedoch mindestens 1/4.
Dies bedeutet im Einzelnen: Hinterläßt der verstorbene Ehegatte ein Kind, so erben dieses Kind und der überlebende Ehegatte je zur Hälfte,
Hinterläßt der verstorbene Ehegatte zwei Kinder, so erben diese Kinder und der überlebende Ehegatte jeweils ein Drittel,
Hinterläßt der verstorbene Ehegatte mehr Kinder, so erbt der überlebende Ehegatte 1/4 des Nachlasses. Der restliche Erbteil wird zwischen den Kindern aufgeteilt.Anstelle der Kinder erben die Enkel, wenn die Kinder vor dem Erbfall verstarben.
Die "gesetzliche" Erbfolge kann durch Testament oder Erbvertrag geändert werden.
An ein Testament werden vom Gesetz besondere Formerfordernisse gestellt. Grundsätzlich muß in Deutschland ein wirksames Testament handgeschrieben sein. Dies bedeutet, daß nicht nur die Unterschrift sondern auch der gesamte Text handschriftlich verfaßt sein müssen.
Darüber hinaus muß das Testament Ort, Datum und Unterschrift des Erblassers tragen. Möglich - nicht notwendig, aber empfehlenswert - ist es, das Testament notariell beurkunden zu lassen. Der wesentliche Vorteil: Ein notariell beurkundetes Testament ersetzt den Erbschein, was einerseits viel Zeit spart, andererseits schnell Klarheit erlaubt.
Fragen Sie nach, wenn es um Ihre Verhältnisse geht.
Soweit aufgrund eines Testaments der Ehegatte oder ein anderer Verwandter von der Erbfolge ausgeschlossen wurde, hat er gegen den oder die Erben einen Anspruch auf Auszahlung des Pflichtteils. Dieser Pflichtteil ist ein Zahlungsanspruch in Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils.
Wechsel der Staatsbürgerschaft
Der Wechsel der Staatsbürgerschaft ist vor allem in Thailand in Bezug auf vormals thailändische Staatsangehörige problematisch, wenn es um in Thailand belegene Grundstücke oder Grund- und Immobilienvermögen geht.
Nicht wenige Thailänder im Ausland entscheiden sich bei langer Abwesenheit von Thailand und einer Ehe mit einem ausländischen Bürger um den Wechsel der Staatsbürgerschaft. Das gilt vor allem bei gemeinsamen Kindern.
Die große Frage ist im Verlauf der Zeit dann aber, ob der nunmehr einem anderen Staate angehörige frühere thailändische Bürger noch Erbe von Grundbesitz in Thailand sein kann. Ein wiederkehrendes Problem.
Hier gilt die im Beitrag "Grund- und Immobilienerwerb in Thailand" näher erläuterte Rechtslage, wonach im Grundsatz ein Ausländer kein Eigentum an Grund- und Boden mit den gegebenen Ausnahmen erwerben kann. Als "Ausländer" werden dabei auch ehemalige thailändische Staatsangehörige behandelt.
Das dies zu Kollisionen führt, die das Recht nicht vorsieht, erscheint nachvollziehbar. Gelöst wird der Konflikt in der Praxis dadurch, das der Erbe in diesem Fall in einer Überlegungsphase den gesetzlichen Verhältnissen zu entsprechen hat: Auf Deutsch: Er muß das Grundvermögen veräußern und auf Thais übertragen.
Übersieht ein ehemaliger thailändischer Staatsbürger die geänderte Rechtslage nach der Annahme einer neuen Staatsbürgerschaft, ist das Vorspiegeln der alten Staatsbürgerschaft als "noch vorhanden", strafbar. Nicht selten neigen vor allem Frauen dazu, in Thailand ihren nach wie vor existenten und bei dem Wechsel der Staatsbürgerschaft nicht zurückgegebenen nationalen Ausweis zu benutzen, aus dem der Wechsel der Staatsbürgerschaft nicht hervorgeht. Das kann ins Auge gehen, und zu erheblichen Strafen führen. Von der Gefahr, die ausländische Staatsbürgerschaft wieder zu verlieren, ganz abgesehen.
Internationales Privatrecht
Viele uns gestellte Fragen beschäftigen sich mit dem Erbrecht.
Welches Erbrecht findet denn eigentlich für den Partner einer deutsch-thailändischen Ehe Anwendung und welche erbrechtlichen Folgen hat die Eheschließung überhaupt ?.
Welches Recht ist anwendbar? Thailändisches oder Deutsches ?
Die Frage, welches Recht anzuwenden ist, richtet sich nach dem sogenannten Internationalen Privatrecht (Kollisionsrecht) der betroffenen Länder. In Deutschland regelt dies das "6. Buch des BGB", das sog. "Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch", in dem auch die Fragen des Einigungsvertrages geregelt sind. Siehe oben.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß sowohl das deutsche als auch das thailändische internationale Privatrecht die Frage, welches Recht im Zweifel anzuwenden ist, jeweils unterschiedlich beantworten. Nicht selten gibt es Hin- und Herverweisungen, die den Laien verwirren und den Anwalt rechtfertigen. Das hat seinen Grund.
Art. 25 Abs. 1 des deutschen EGBGB - *nunmehr geändert - bestimmte bis August 2015 für den Erbfall:
'Die Rechtsnachfolge von Todes wegen unterliegt dem Recht des Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehörte.'
Dies bedeutet, daß im Falle des Todes des deutschen Ehegatten deutsches Recht die Erbfolge bestimmt, im Falle des Todes des thailändischen Ehegatten thailändisches Erbrecht.
Art. 25 Abs. 2 EGBGB bestimmte weiter:
'Der Erblasser kann für im Inland gelegenes unbewegliches Vermögen in der Form einer Verfügung von Todes wegen deutsches Recht wählen.'
Dies bedeutet, daß ein Beteiligter in einem Testament bestimmen kann, daß sich die Rechtsnachfolge hinsichtlich etwaigen Grundvermögens in Deutschland nach deutschem Recht richten soll.
Das thailändische Recht sieht grundsätzlich vor, daß sich die Erbfolge hinsichtlich Grundvermögens nach dem Recht des Ortes richtet, an dem das betreffende Grundstück belegen ist.
Die Rechtsnachfolge für Grundstücke in Thailand würde sich daher nach thailändischem Recht richten, diejenige für Grundstücke in Deutschland nach deutschem Recht.
Die Rechtsnachfolge hinsichtlich beweglichen Vermögens richtet sich nach thailändischem Recht nach dem Recht des Ortes, an dem der Verstorbene zur Zeit seines Todes seinen Wohnsitz hatte.
Im Ergebnis bedeutet dies also folgendes:
Im Falle des Todes des deutschen Ehegatten ist nach deutschem internationalen Privatrecht immer deutsches Erbrecht anwendbar. Nach thailändischem Recht ist in diesem Fall auch deutsches Recht anwendbar
- hinsichtlich des in Deutschland belegenen Grundvermögens
- hinsichtlich des beweglichen Vermögens, soweit der deutsche Ehegatte zuletzt seinen Wohnsitz in Deutschland gehabt hat.
Hingegen ist nach thailändischem Recht auch für die Erbfolge nach dem deutschen Ehegatten thailändisches Recht anwendbar
- hinsichtlich des in Thailand belegenen Grundvermögens
- hinsichtlich des beweglichen Vermögens, soweit der deutsche Ehemann zuletzt seinen Wohnsitz in Thailand gehabt hat.
Im Falle des Todes des thailändischen Ehegatten ist nach deutschem internationalen Privatrecht zunächst thailändisches Recht anwendbar.
Das thailändische Recht erklärt jedoch deutsches Recht grundsätzlich für anwendbar
- hinsichtlich des in Deutschland belegenen Grundvermögens
- auch hinsichtlich des beweglichen Vermögens, soweit der thailändische Bürger zuletzt seinen Wohnsitz in Deutschland gehabt hat.
Zu berücksichtigen ist auch die Rechtsanwendung und Rechtsprechung in Thailand:
Die thailändischen Gerichte werden thailändisches Erbrecht anwenden, wenn dies durch Festlegung oder Rückverweis nach dem ausländischen Internationalen Privatrecht festgelegt ist.
Umgekehrt geht auch die deutsche Rechtsprechung in diesen Fällen vor.
Die Rechtslage nach 2015 ist komplex. Aber wozu sind wir da.