So hat das Finanzgericht (FG) Köln jetzt in seinem Urteil vom 25.5.1999 (Az.: K 9148/98) ein grobes Verschulden des Steuerpflichtigen bei Unkenntnis von der Möglichkeit des Vorkostenabzugs bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verneint. Der Käufer einer Eigentumswohnung, der keinen Steuerberater in Anspruch genommen hatte, hatte weder die Eigenheimzulage noch den Abzug von Vorkosten in Gestalt von Erhaltungsaufwendungen beantragt. Erst im Folgejahr, nachdem der Einkommensteuerbescheid bereits bestandskräftig geworden war, wies ihn ein Steuerberater auf die versäumte Möglichkeit der Steuerminderung hin.
Der Steuerpflichtige beantragte nunmehr nachträglich für das Vorjahr die Vergünstigung.
Das Finanzgericht Köln sieht in der Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids keinen Hinderungsgrund für die Inanspruchnahme der Zulage und des Vorkostenabzugs. Ein nicht fristgebundener Antrag für die Gewährung einer Steuerermäßigung kann grundsätzlich noch nach Bestandskraft des Steuerbescheids nachgeholt werden. Zweck des Paragrafen 173 AO sei es, der Bestandskraft nur dann Vorrang gegenüber der Gerechtigkeit der Besteuerung einzuräumen, wenn das nachträgliche Bekanntwerden von Tatsachen oder Beweismitteln auf einem groben Verschulden des Steuerpflichtigen beruhe.
Ein Laie muss kompliziertes, Steuerrecht nicht kennen.
Im entschiedenen Fall war dem Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden vorzuwerfen. Ein solches sei nur dann zu bejahen, wenn der Steuerpflichtige die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt habe". Eine solche Pflichtverletzung sei zwar gegeben, wenn eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte Frage nicht beantwortet werde. Aber allein mangelnde steuerrechtliche Kenntnisse eines Steuerpflichtigen ohne den Vorwurf grober Fahrlässigkeit regelmäßig nicht begründen." Eine solche Frage war aber im amtlichen Erklärungsformular nicht gestellt worden. In der Anleitung zur Steuererklärung wurde lediglich auf die Möglichkeit hingewiesen, eine Zulage" zu beantragen. Auch der Begriff Vorkosten" wurde erwähnt Die inhaltliche Ausfüllung dieser Begriffe setze aber nach Ansicht des Gerichts voraus, dass der Steuerpflichtige komplizierte steuerrechtliche Vorschriften kenne und anwenden könne. Wenn ein steuerlicher Laie die Bedeutung dieser Hinweise irrtümlich oder aus Unkenntnis nicht erkennt kann daraus kein grobes Verschulden hergeleitet werden.
Der Tatbestand des groben Verschuldens muss also immer nach den subjektiven Möglichkeiten des Steuerpflichtigen bewertet werden, der mit, dem immer komplizierter werdenden Steuerrecht konfrontiert wird. Der Verschuldensmaßstab ist subjektiv, nicht objektiv. Ein Laie kann also von Finanzamt und Gericht mehr Milde erwarten als etwa ein Steuerberater, doch kann es dem Laien nicht als Verschulden ausgelegt werden, wenn er sich keinen Steuerberater nimmt.
In seinem Urteil vom 12.12.1997 verneint das Finanzgericht Köln selbst bei einem Steuerberater ein grobes Verschulden, wenn es um die Anwendung einer neuartigen und komplizierten Norm geht, die im Rahmen umfangreicher Gesetzesänderungen geschaffen worden ist und zu der es in dem für das Verschulden maßgebenden Zeitpunkt weder aktuelle Steuererklärungsvordrucke noch einschlägige Verwaltungsanweisungen gab. Irrtümer bei der Anwendung neuer und komplizierter Gesetzesbestimmungen begründen lediglich den Vorwurf leichter Fahrlässigkeit.
Auch von einem nicht auf dem Gebiet des Steuerrechts tätigen Juristen soll nicht generell erwartet werden können, dass ihm beispielsweise die Voraussetzungen zur Anerkenntnis eines häuslichen Arbeitszimmers bekannt sind, urteilte schon früher das Finanzgericht Saarland.
Auch der Bundesfinanzhof erwartet nicht von jedem Juristen, dass er weiß, ob und wann vorab entstandene Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden können.