Vertragsrecht

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Beratung in Vertragsangelegenheiten

Verträge können schützen oder zu einem Problem werden. Guter Rat ist hier und da teuer. Uns bewegt in der Regel das Rechtsproblem und dessen Lösung im Sinne eines fairen Ergebnisses. Nicht immer eine einfache Aufgabe.

Ärger mit Mobilfunkverträgen

Die Beendigung, Begründung oder Verlängerung von Mobilfunkverträgen ist hier und da problematisch und für Verbraucher je nach Anbieter nicht ohne Risiko.

Mobilcom-Vertragspraxis:

Hohes Gefahrenpotenzial bei Telefonangeboten - Vorsicht und nie etwas andeuten

Wer kennt nicht das Problem: Nach dem Abschluss eines Mobilfunkvertrages oder gar bei dessen rechtzeitiger und sogar – wie üblich aber auch notwendig bestätigter, nicht allein vorgemerkter - Kündigung klingelt der nette Service des Anbieters und erkundigt sich nach der Möglichkeit der Fortsetzung bei neuer Vertragsgestaltung oder mit neuen verlockenden Angeboten. Gerade bei Kunden mit arabischen oder sonstigem Immigrationshintergrund ergeben sich hierbei meist Verständnisprobleme. Aber auch scheinbar erfahrene Verbraucher wundern sich über einfach automatisch zugebuchte Nebenleistungen oder den Hinweis, dass der bereits gekündigte Vertrag nach einem Telefongespräch wider Erwarten doch weiterläuft. Meist zu gleich hohen Konditionen, obwohl der ursprüngliche Vertrag auch die Bereitstellung eines neuen Smartphones beinhaltete.

Das Amtsgericht Wedding hatte sich 2022 mit einem gekündigten Vertrag und der Forderung von in diesem Fall Mobilcom-Debitel zu beschäftigen, die mit erheblichen Lasten verbunden gewesen wäre, zumal der Kunde bereits einen anderen Mobilfunkanbieter hatte. Die Besonderheit bestand darin, dass der Service Zusagen machte und den Kunden in Erwartung der Erfüllung dieser Zusagen zur kurzfristigen Weiternutzung der Telefonnummer bewegte und dann später daraus einen Vertragsanspruch für weitere 24 Monate ableitete. Der Rechtsstreit beinhaltete eine Vielzahl von Fragen, die auch die Berücksichtigung der aufgezeichneten Telefonate mit dem Service bedingte.

Hinweis: Auf eine bestätigte Kündigung und einen durch einen Service unterbreitetes Angebot stets keine Zusage machen, sondern eine Entscheidung über eine Fortsetzung oder einen Neuabschluss des Vertrages stets von der Bestätigung des vorher vom Anbieter schriftlich unterbreiteten und geprüften Vorschlags abhängig machen.

Im Streitfall konnten wir den Mitbürger syrischer Herkunft erfolgreich vor einer recht unseriösen Praxis scheinbar immer wechselnder Anrufer des Anbieters bewahren.

Das Urteil Amtsgericht Wedding 16 C 78/22

Im Namen Volkes

In dem Rechtsstreit

mobilcom-debitel GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer, Hollerstraße 126, 24782 Büdelsdort

- Klägerin -

gegen

A.A.A. -

Beklagter -

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Trempel & Associates. Burggrafenstraße 3, 10787 Berlin,

hat das Amtsgericht Wedding durch den Richter am Amtsgericht ______________ am 23.09.2022 im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO, in dem Schriftsätze bis zum 19.08.2022 eingereicht werden konnten, für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Zahlung von Telefonkosten.

Die Klägerin schloss mit dem Beklagten am 18.5.2018 zwei Mobilfunkverträge für die Rufnummern 0172-9077953 und 0172-5394031 mit einer Laufzeit von je 24 Monaten

Im Juli 2018 kündigte der Beklagte den Vertrag mit der Rufnummer 0172-9077953 fristgemäß.

Die Klägerin bestätigte die Kündigung mit Schreiben vom 10.7.2018 (BI. 44 d.A.) per 17.5.2020. Mit Schreiben vom 8.4.2019 (BI. 45 d.A.) kündigte der Beklagte auch den Vertrag mit der Rufnummer 0172-5394031 (gleichzeitig auch den ersten Vertrag noch einmal) fristgemäß und bat darum, zu Werbezwecken nicht mehr kontaktiert zu werden. Mit Schreiben vom 9.4.2019 (BI. 46 f. d.A.) bestätigte die Klägerin das Vertragsende für beide Verträge per 17.5.2020.

Am 13.12.2019 kontaktierte eine Mitarbeiterin der Klägerin den Beklagten telefonisch mit dem Ziel der Vertragsverlängerung. Mit Schreiben vom selben Tag übersandte die Klägerin dem Beklagten zwei „Auftragsbestätigung(en) zur Vertragsverlängerung" (BI. 21 ff., 25 R ff. d.A.) um 24 Monate ab dem 18.5.2020 für beide Rufnummern, Verträge mcl. zweier Handys Samsung Galaxy S10 in schwarz und in weiß.

Die Klägerin berechnete dem Beklagten für beide Rufnummern am 3.6.2020 70,97 Euro (BI. 30 dA.), am 2.7.2020 77,98 Euro (BI. 31 dA.), am 4.8.2020 110,24 Euro (BI. 32 dA.), am 2.9.2020 72,09 Euro (BI. 33 d.A.). Mit Schreiben vom 12.11.2020 (BI. 34 d.A.) machte die Klägerin Schadensersatz bis zum 17.5.2022 in Höhe von 1. 188,07 Euro geltend (BI. 34 d.A.).

Die Klägerin mahnte Zahlungen mit Schreiben vom 11.8. und 26.8.2020, für die sie 5,90 Euro Schadensersatz begehrt, und mit Schreiben eines Inkassoinstituts, für das sie 186,- Euro Schadensersatz begehrt, an.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe in dem Telefonat vom 13.12.2019 für beide Verträge eine Laufzeitverlängerung von 24 Monaten zu jeweils 31,99 Euro nebst dem Kauf von zwei Mobiltelefonen abgeschlossen. Der Beklagte habe das Mobiltelefon übersandt erhalten.

Die Klägerin hat zunächst beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.519,35 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5

Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 3.7.2020 aus 70,97 Euro, 1.8.2020 aus

77,98 Euro, 3.9.2020 aus 110,24 Euro, 2.10.2020 aus 72,09 Euro, 12.12.2020 aus

1. 188,07 Euro zu zahlen,

2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Inkassokosten in Höhe von 186,- Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Mahnkosten in Höhe von 5,90 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Nachfolgend hat sie die Klage betreffend die für die Rufnummer 0172-5394031 geltend gemachten Beträge teilweise zurückgenommen und beantragt zu Ziff. 1. zuletzt nur noch,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 705,93 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 3.7.2020 aus 31,99 Euro, 1.8.2020 aus 31,99 Euro, 3.9.2020 aus 40,99 Euro, 2.10.2020 aus 31,99 Euro und 12.12.2020 aus 568,97 Euro zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, er habe in dem Telefonat nur zugestimmt, dass ihm etwas zugesandt werde, aber keiner Vertragsverlängerung.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht kein Zahlungsanspruch aus einem Mobilfunkvertrag zu.

Unstreitig ist, dass beide Verträge mit Wirkung zum 17.5.2020 durch fristlose Kündigung beendet wurden. Es oblag daher der Klägerin, darzulegen und zu beweisen, dass mündlich (telefonisch) eine Vertragsverlängerung vereinbart wurde. Dieser Nachweis ist ihr nicht gelungen.

Das Gericht hat im Verhandlungstermin vom 12.7.2022 im Einverständnis der Parteien das - den Parteien bereits zuvor auch schon selbst vorliegende - durch die Klägerin eingereichte Tondokument des Telefonats vom 13.12.2019 abgespielt. Der Wortlaut lautet wie folgt (B = Beklagter, F = Frauenstimme):

F: Ich erklär Ihnen jetzt noch mal für (unverständlich), Herr Afara, weil Ihre Rufnummer wäre dann ja 0172-5394031, ne, und die Nummer 0172-9077953, ne?

B: Ja, richtig.

F: Beide Rufnummern würden dann ja ganz normal 24 Monate lang dann gelten, aber jeweils dann für 31 Euro 99 mit 12 Gigabyte, LTE, Allnetzflat, alle Handynetze, Festnetz und SMS natürlich auch mit drinne, und dann kriegen Sie jeweils von uns das Samsung Galaxy 5 10, einmal in schwarz und einmal in weiß, für einen Euro jeweils, ne,

B: Ein Euro? Also wie, wie ein Euro? Zahlung? Und dann, und dann? Nichts mehr? Jeden Monat? F: Jeden Monat nur 31 Euro 99.

B: Ach so, 31 Euro 99.

F: Genau. Und das alles, Herr Afara, kriegen Sie an Sparrstraße 23 nach Berlin von mir noch mal schriftlich.

B: Ja genau, das ist meine Adresse.

F: Genau. Und wenn Sie dann dazu Fragen haben, bitte rufen Sie uns wieder an, Herr Afara, ja? B: Ja, auf jeden Fall. Vielen Dank für Ihren Anruf.

F: Schönen Tag heute Ihnen noch.

B: Danke danke, Ihnen auch, ja.

F: Tschüß

B: Einen schönen Tag noch, ciao.

Hieraus lässt sich nicht entnehmen, dass die Parteien mit Rechtsbindungswillen zwei Verträge über die Verlängerung der gekündigten alten Verträge geschlossen haben. Der Telefonmitschnitt setzt an einem Punkt an, zu dem ersichtlich bereits ein erheblicher Teil des Telefonats geführt worden war.

Ob das Telefonat damit eingeleitet wurde, dem Beklagten gegenüber verständlich klarzustellen, dass schon am Telefon ein bindender neuer Vertrag geschlossen werden sollte, oder ob er nur darauf schließen konnte, dass man ihm aufgrund seiner Kündigungen neue Verträge mit (behauptet) guten Konditionen anbieten wolle und er dies noch prüfen könne, bleibt offen. Seine Behauptung, dass er nur eingewilligt habe, ein neues Angebot übersandt zu bekommen, ist durch den Telefonmitschnitt nicht widerlegt. lnsb. Formulierungen wie „Ihre Rufnummer wäre dann ...', ‚beide Rufnummern würden dann... gelten korrespondieren nicht mit der Annahme, dass man sich zu diesem Zeitpunkt schon abschließend binden wollte. Erst recht nicht ergibt sich aus den - eher leicht verwirrten - Antworten des Beklagten, dass er verstanden hätte, dass es in diesem Moment um ein Rechtsgeschäft ging. Auch die Mitteilung der anrufenden Mitarbeiterin, dass er alles schriftlich bekäme, und dass er sich dann melden könne, wenn er dazu dann noch Fragen habe, lässt sich aus seiner Perspektive heraus nur so verstehen, dass er die Unterlagen vor einem Vertragsschluss zunächst zur Prüfung bekommen sollte.

Ein Vertragsschluss ergibt sich auch nicht aus der weiteren Abwicklung. Das Telefonat bezog sich ausdrücklich auf beide Rufnummern, also auf zwei neue Verträge. Würde man der Klägerin darin folgen, dass es schon beim Telefonat zu einem bindenden Vertrag kam, wäre es auch folgerichtig, die Beträge für zwei Verträge geltend zu machen. Für die Rufnummer 0172-5394031 hat die Klägerin die Klage jedoch aus nicht ersichtlichen Gründen zurückgenommen, geht also schon selbst nicht von Ansprüchen aus. Insoweit behauptet sie offenbar auch nicht, dass das mit gekaufte Handy übersandt worden sei, denn im Schriftsatz vom 23.8.2022 ist nur noch davon die Rede, dass „das" Mobiltelefon übersandt worden sei. Der Beklagte bestreitet aber auch den Erhalt des einen Handys, und die Klägerin hat auch für dieses keinen Beweis angeboten. Das Gericht kann daher nur zugrunde legen, dass die Klägerin selbst für beide Verträge keine Leistungen in Gang gesetzt hat, also auch selbst nicht von neuen Verträgen ausging.

Ein nachvollziehbarer Vertragsschluss ergibt sich auch nicht im Rückschluss aus einer faktischen Nutzung durch den Beklagten. Zur noch streitgegenständlichen Rufnummer 0172-9077953 betrifft die erste streitgegenständliche Rechnung den Zeitraum ab dem 1.5.2020. Da der alte Vertrag noch bis zum 17.5.2020 lief, ergibt sich daraus keine Nutzung nach behaupteter Verlängerung. Nach den 17.5.2020 ergibt sich für die Rufnummer lediglich aus der Folgerechnung noch - äußerst geringfügig -‚ dass dort 1 netzexterne Verbindung und 46 Datenverbindungen abgerechnet wurden. Der Beklagte hat eine Nutzung jedoch bestritten, ohne dass die Klägerin hierfür Beweis angeboten hat. Auf die Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 23.8.2022 ist insoweit nicht abzustellen, denn sie sind gemäß § 296a ZPO als verspätet zurückzuweisen. Das Gericht hat den Parteien im Verhandlungstermin vom 12.7.2022 eine bereits sehr lang bemessene Frist von rund 6 Wochen zur Stellungnahme eingeräumt, die nicht eingehalten worden ist. Der Antrag auf eine Verlängerung der bereits sehr geräumigen Frist ist erst am letzten Tag der Frist und lediglich mit pauschaler Begründung gestellt worden. Eine Verlängerung kam daher nicht in Betracht (vgl. Mitteilung des Gerichts vom 22.8.2022).

Es kommt daher weder darauf an, welche Rechtsfolgen es haben kann, dass die Klägerin sich telefonisch für eine Vertragsverlängerung an den Beklagten gewandt hat, obgleich dieser Werbung bereits in seinem Kündigungsschreiben vom 8.4.2019 untersagt hatte, noch darauf, welche Rechtswirkungen der Widerspruch des Beklagten vom 12.5.2020 gegen die Vertragsverlängerung (BI. 47 d.A.9) haben könnte.

Da die Klägerin keinen Anspruch auf die Zahlung der Hauptforderung hat, kann sie auch die Leistung von Zinsen, Mahn- und Inkassokosten nicht verlangen. Darauf, in welcher Höhe Inkassokosten nach der Teilrücknahme rechnerisch noch in Betracht kämen, kommt es daher nicht an.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 269 Abs. 3 Satz 2, 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.